Chorprojekt verbindet Generationen

53 Augenpaare strahlen Gerd Weimar an. Mit dem Projekt- und  dem Kammerchor der „Stiftung Kirchenmusik im Sauerland“ studiert er die Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach ein. Ein ehrgeiziges Projekt! Nach nur sechs Proben soll das Werk am 10. April in der Abtei Königsmünster in Meschede aufgeführt werden.

„Es ist so cool, wenn beim Konzert alle zusammen singen und das Orchester dazu musiziert“, meint Miriam (16) aus Arnsberg, die heute zum ersten Mal dabei ist. Zusammen mit Anna (17) gehört sie seit sechs  Jahren zur Oberstufe von VokalTotal, der Singschule, die Gerd Weimar 1997 in Arnsberg gründete.  Sein Ziel, in Kindern und Jugendlichen Freude am Singen zu wecken, hat er bei Miriam und Anna erreicht. Den beiden macht es sichtlich Spaß, Barockmusik zu singen. Auf ihren Musik-Playern haben sie – wie andere Jugendliche – Pop-und Rockmusik gespeichert. „Aber auch das „Weihnachtsoratorium“, ergänzt Miriam, „weil ich es üben wollte.“

110123-Joh-Passion-1_ps_gÜber eine seiner Schülerinnen ist Stefan Knode (34, Lehrer an einem Arnsberger Gymnasium) dazugekommen: „Ich kann im Kämmerchen singen, oder ich gehe raus und singe mit anderen.“ Er freut sich, dass er in den Kammerchor aufgenommen wurde. Sein Vorsingen hat Gerd Weimar überzeugt. Er könne Noten lesen, aber in die Harmonien müsse er sich einhören. Seine Nachbarinnen geben ihm einen Tipp: Es gibt Übungs-CD`s, die einem helfen, die eigene Stimme zu lernen und sie zu den anderen Stimmen zu singen. 15 Männer singen die Tenor- und die Basstimme. In der hohen Männerstimme werden sie von Frauen unterstützt. Eine von ihnen ist Martha Bos-Bröker (53) aus Warstein. Die gebürtige Holländerin hat einen vergilbten Klavierauszug des Oratoriums mitgebracht. Ihre Mutter hat früher daraus gesungen. Seit 20 Jahren ist sie tot. „Gerne würde ich ihr sagen, dass ich die Johannes-Passion jetzt mitsinge“. Bevor sie sich entschied mitzumachen, musste zu Hause der Familienrat tagen. Sechs Samstage mit jeweils sechs Stunden Proben – das ist ein hoher Zeitaufwand. Ihre 13-jährige Tochter und ihr Mann lassen sie gerne nach Meschede gehen, weil sie wissen, wie fasziniert Martha von der Johannes-Passion ist.

18 Mal in seinem Leben hat Wolfgang Zimmermann aus Oeventrop dieses Oratorium von Bach schon gesungen. „Die Musik hat einfach Power“, stimmt er Vera Möller aus Arnsberg zu. Sie gehören seit 14 Jahren zum Chor. „Wir sind Freunde geworden“, sagt Gertrud Kruse (80). Viele Chormitglieder haben ihr geholfen, als sie in eine Seniorenwohnung umzog. Dass sie in ihrem hohen Alter immer noch mitsingen kann, schreibt sie Gerd Weimar zu: „Jede Probe beginnt mit Stimmbildung. Deshalb kann ich meine Stimme halten.“ Wer gut singen möchte, muss die Technik beherrschen und die Komposition verstehen. Deshalb unterbricht Weimar den Gesang und erklärt, welche Tonart Bach gewählt hat. Und er geht auf die unterschiedlichen Textebenen ein: Da wird die Passionsgeschichte nacherzählt, aus der Rolle der biblischen Personen gesungen und ein persönliches Gebet erklingt im Choral. Die Sängerinnen und Sänger werden zu Petrus, der seinen Freund Jesus verleumdet und danach bitterlich weint.  „Wenn ich Böses hab getan, rühre mein Gewissen“, singt der Chor und die Zuhörerin bekommt eine Gänsehaut. Schon die erste Probe lässt ahnen, dass das Konzert am 10. April das Publikum anrühren wird.

von: Kathrin Koppe-Bäumer, Öffentlichkeitsreferentin des Ev. Kirchenkreises Arnsberg