Er sieht aus wie Martin Luther auf einem Portrait des berühmten Malers Lukas Cranach. Er hält die Laute wie der kritische Mönch aus dem Mittelalter. Er hat die Bibel neben sich wie der Wittenberger Professor, der in ihr Lebenshilfe fand – aber er ist Pfarrer Bodo Meier aus Herscheid, früher Pfarrer in Bestwig.
Das Bild ist kein Gemälde und Meier ist nicht Luther, sondern hat sich in die Rolle des bekannten Theologen eingefühlt. So bereitet er sich auf seinen großen Auftritt am 30.Oktober um 16.00 Uhr in der Wiesenkirche in Soest vor. Zusammen mit über hundert Sängern, Musikern und Schauspielern aus Olsberg, Brilon, Meschede, Arnsberg, Neheim, Hüsten, Wickede, Warstein, Marsberg und Soest werden die Laienschauspieler und -musiker das Mittelalter nach Soest und später ins Sauerland bringen.
Das Luther-Projekt der Evangelischen Kirchenkreise Arnsberg und Soest macht den Zeitsprung möglich. Männer und Frauen, Jungen und Mädchen zwischen 12 und 75 Jahren bringen Luther und seine Zeitgenossen am Nachmittag vor dem diesjährigen Reformationsfest auf die Bühne. Vorm Altar und hinten am Westportal, in den Ecken und auf den Gängen der großen Soester Kirche wird in mehreren Szenen und mit Musik, die Luther kannte, sang und komponierte, die Reformationszeit lebendig. Vorboten des musikalischen Schauspiels treten schon am Vormittag und am frühen Nachmittag in der Soester Altstadt auf: Während dort die Aussteller ihre Attraktionen für die Allerheiligenkirmes aufbauen, treten auf dem Marktplatz und am Dom abwechselnd die Padberger Bänkelsänger und ein Posaunenchor aus Sprockhövel und Mitglieder der Soester Fehde mit mittelalterlichem Gesang und in zeitgenössischen Kostümen auf.
Initiator des Projekts ist Kirchenmusikdirektor Gerd Weimar aus dem Kirchenkreis Arnsberg. Er zählt vier Aspekte auf, die das Luther-Projekt besonders machen: „Die Personen auf der Bühne sprechen in mittelalterlicher Sprache, mehrere Chöre tragen Musik aus der Lutherzeit vor, das Publikum wird einbezogen und: alle, die mitmachen, sind Laien.“
Luther-Kenner und Menschen, die nicht viel von Luther wissen, werden Luther-Luft schnuppern, ohne großen Aufwand in die Zuschauer-Rolle beim Reichstag zu Worms schlüpfen und zum Abschluss eine typische Soester Wegzehrung aus Pumpernickel bekommen.
Für Pfarrer Bodo Maier, der die Hauptrolle spielt, wird der Tag anstrengend, schließlich muss er 24 Seiten Text spielen. Trotzdem ist er voller Vorfreude: „Nie hätte ich gedacht, dass ich zu meinen Lebenszeiten auf dem Reichstag zu Worms stehen würde“, sagt er mit einem Augenzwinkern und schlägt verschmitzt ein paar Saiten der Laute an.