Luther-Spiel in Soest bringt Hunderten von Zuschauern den Reformator nahe

Martin Luther ist der Mann des Jahres. Sein bewegtes, bewegendes Leben drängt sich für eine dramaturgische Inszenierung geradezu auf. Und so eröffnete am Sonntagnachmittag, als in Soest draußen der Kirmesaufbau-Tourismus tobt, drinnen in der Wiesenkirche das große musikalische Schauspiel über den Reformator das Lutherjahr in der Bördestadt. Das Besondere: Die Szenenfolge ist von den Kirchenkreisen Arnsberg und Soest, der Stiftung St. Maria in Pratis und der Stiftung Kirchenmusik im Sauerland gemeinsam auf die Beine gestellt worden.

Auf der Website des Soester Anzeigers findet sich eine große Bildergallerie mit sehr schönen Aufnahmen. Es ist uns leider nicht gestattet, die Bilder direkt auf unserer Website darzustellen. Wir verweisen Sie daher an folgende Adresse: Bildergallerie zum Lutherprojekt.

Keine andere historische Soester Kirchen wäre geeigneter für das Luther-Projekt gewesen als die „Wiese“ – allein schon, weil nirgendwo so viele Menschen Platz gefunden hätten. Zu den weit über 100 Mitwirkenden kamen Hunderte von Zuschauern Überall in der gotischen Halle hatten Kirchenmusikdirektor Gerd Weimar aus Arnsberg, der das „Luther-Projekt“ initiiert und inszeniert hatte, und seine Co-Regisseurin Almut Drehsen-Lürbke die Szenen verteilt. Im Chorraum, unterm Turm, zwischen den Bankreihen: Überall breitete sich Luthers Denken aus.

Im Spiel ohne Kulissen, aber mit Kostümen, wurde Leben und Wirken des Reformators anschaulich: Die prägenden Kinderjahre führen zum Eintritt ins Augustiner-Kloster und zur Bibelarbeit. Luthers Glauben an Gottes Gerechtigkeit wächst. Der Verkauf von Ablassbriefen stößt dem gelehrten Mann auf. Es kommt zum folgenreichen Thesenanschlag. Themen sind auch der Reichtstag zu Worms und die Zeit auf der Wartburg, als Luther die Bibel ins volkstümliche Deutsch übersetzt, die Verbreitung seiner reformatorischen Ideen dank des Buchdrucks, seine depressive Grundstimmung und seine Verzweiflung. Und schließlich geht es um seine Familie und Freunde, die ihn immer wieder auffangen. Stets sind überlieferte Luther-Zitate eingestreut.

Die Musik – und davon gibt’s reichlich – schafft nicht nur Atmosphäre und Abwechslung. Zwischen aufrüttelnden Fanfaren (Blechbläser unter Leitung von Ulrich Dieckmann), zierlichen Tänzen (Barbara Bielefeld-Rikus, Ulrich Rikus, Charlotte Weimar), Lautenklängen (Wolfgang Bargel) und Chorälen (Südwestfälischer Kammerchor, Projektchor und Oratorienchor Arnsberg, Sänger aus Soest) wird das Lebengefühl jener Zeit spürbar, geprägt vom Hin und Herzwischen Diesseits und Jenseits. Die zahlreichen Zuschauer dämpften den gefürchteten Nachhall in der Wiesenkirche sehr, so dass die Akustik den Chorgesang besonders begünstige. Die Choräle gerieten so stets zum besonderen Hörgenuss

Einmal, bei „Ein feste Burg ist unser Gott“, der „Marseillaise der Reformation“, wie Heinrich Heine sagte, durften alle mitsingen. Auf dem Liederzettel war die erste Strophe abgedruckt., und nur die „ganz evangelischen“ schafften alle drei bis zum Schluss. Nach mehr als zwei Stunden wurden vielen die Stühle zu hart und überhaupt war es ziemlich kalt. Gleichwohl durften sich Gerd Weimar, sein Team, die Musiker und vor allem Luther (Bodo Meier) über minutenlangen begeisterten Applaus freuen.

Das Luther-Pojekt ist am 18. Februar 2017 noch mal im Gemeinsamen Kirchenzentrum Meschede zu sehen.

 

Bettina Boronowsky
Soester Anzeiger, 31.10.2016